Das Gasthaus Christl in der Schwaigau
Einst stellte das Mitterwasser den größten und am besten schiffbaren Arm der Donau dar. Am Ufer in Schwaigau befand sich beim „Förgenhaus“ (später Gasthaus Christl) eine Überfuhr. Von dort gelangte man an die andere Seite der Donau nach Steining (Gemeinde Luftenberg). Die Bezeichnung „Förgenhaus“ bezieht sich auf die Berufsbezeichnung des Fährmanns – „Förg“, „Ferg“ bzw. „Vörch“. Die Geschichte des Schwaigauer Fährmann geht bis in das Jahre 1250 zurück und war Hauptlehen des Stiftes St. Florian und somit einer von vielen zu Transportleistungen verpflichteten Hörigen.
Seit mehr als zwei Jahrhunderten war das „Förgengut“ in Besitz der Familie Christl, neben einer Landwirtschaft wurde auch eine Mostschenke betrieben.
Im 20. Jahrhundert durchlebte das Althaus Schwaigau Nr. 1 eine bewegte Geschichte: Kaum waren die verheerenden Schäden des Hochwassers von 1897 und 1899 überstanden, folgte im Juli 1909 eine neue Überflutung.
Im ersten Weltkrieg wurden die Besitzer vier mal von Soldaten ausgeraubt. Beim letzten Überfall am 30. April 1918 wurde die Bäuerin Maria Christl sogar geknebelt. Vier Monate später war die ganze Ortschaft Schwaigau durch Hochwasser der Donau erneut von der Außenwelt abgetrennt. Wenige Monate später verstirbt die Bäuerin des Förgengutes mit 62 Jahren.
Im Mai 1920 heiratet der Erbe Johann Christl die Maria Landl, vier Monate danach wird die Ortschaft wiederum von einem extremen Hochwasser überschwemmt. Im August 1921 verstirbt Maria Christl mit 29 Jahren bei der Geburt des zweiten Kindes. Drei Monate später folgt ihr auch der neugeborene Sohn Franz.
Im Jänner 1922 vermählt sich Johann Christl mit der 25-jährigen Theresia Landl, sie war die Schwester seiner ersten Frau. Ein Jahr später setzten die Fluten der Donau erneut die ganze Ortschaft unter Wasser.
Im April 1929 wird der Altbauer Johann Christl mit 78 Jahren in Asten begraben. Im Oktober wurde der 7-jährige Sohn Josef am Nachhauseweg beim Überqueren der Geleise durch den Zug getötet. Im Jänner 1931 ertrank der 7-jährige Sohn Karl beim Eislaufen 200 Meter entfernt am Mitterwasser.
Johann Christl war neben Bauer und Wirt auch in der christlichsozialen Partei tätig und bekleidete von 1929 bis 1938 das Amt des Ebelsberger Vizebürgermeisters. Als seine Frau Theresia 1949 starb, führte er die Wirtschaft zusammen mit seiner Schwester Frieda weiter, bis sein erstgeborener Sohn Johann Christl mit seiner Frau Maria 1953 Gast- und Landwirtschaft übernahm.
Mit dem Hochwasser von 1954 schienen die Hoffnungen auf ein gutgehendes Gasthaus zunächst getrübt, doch man entschied sich weiterzumachen. Eine gute Entscheidung, wie sich herausstellen sollte. Bald gelangte die kleine Schenke, – 1954 wurde deren Neubau hochwassersicher angelegt – zur Blüte, und es entwickelte sich ein Wirtshaus, das bis zu 1.000 Gästen Platz bieten konnte. Zweimal ergänzte man das Haus um Zubauten. Nebenbei vermietete Familie Christl auch Gastzimmer und Zillen, mit denen Abenteuersuchende oder romantische Liebespärchen das Mitterwasser erkunden konnten. Damals, vor dem Kraftwerksbau, konnte man mit der Zille bei der „Kuahwart” noch in die Donau einfahren. Auch als „Brathendlstation“ machte sich das Gasthaus einen Namen.
1963 verstarb Johann Christl mit 71 Jahren, nach dem er zwei Weltkriege, viele Schicksalsschläge und auch Hochwässer durchlebte. 1975 folgte ihm sein Sohn Johann Christl, der plötzlich mit 55 Jahren verstarb.
Nur ein halbes Jahr später, am 13. Oktober 1975, ermordete ein Einschleichdieb, ein 25-jähriger jugoslawischer Gastarbeiter, seine Frau. Die Nachricht von diesem brutalen Mord erschütterte die Umgebung und hinterließ bei der Bevölkerung ein mulmiges Gefühl, bis der Täter endlich ausgeforscht und zu 10 Jahren Haft verurteilt wurde.
Die Schwestern Maria Christls verkauften das Haus. In den 80er Jahren erwarb Familie Gall, Besitzer der Aumühle, die Gaststätte. Damals nutzte der Country Music Club Linz das Gasthaus auch als Vereinslokal. 1989 bezog der Zirkus Roncalli dort Quartier. In der Folgezeit war das Gebäude mehreren Besitzerwechseln unterworfen. Dabei entstanden Wohnungen für bosnische Flüchtlinge. In diesem Zusammenhang sprechen Korrespondenzen von unzumutbaren Lebensumständen. Bei einem Lokalaugenschein am 20.02.1992 wurden 19 Räumlichkeiten mit jeweils ca. 15m2 von insgesamt 60 Personen bewohnt. 1993 wurde das Gasthaus Christl versteigert und kurz danach abgetragen.
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